Aus der Rubrik „alltäglicher Sexismus“. Heute: der Junge und der Hello Kitty-Schirm

Ich sah einen kleinen (vielleicht 2-jährigen) Jungen, der mit einem pinken Hello-Kitty-Schirm spielte. Er klappt ihn auf und zu und war einfach glücklich, diese neue Entdeckung zu machen. Zu meiner Begleitung sagte ich: „Warte ab, gleich kommt eine (männliche) Bezugsperson und nimmt dem kleinen Jungen den Schirm, mit Verweis auf sein Geschlecht und die Farbe des Schirmes, ab.“
Es dauerte nicht einmal 10 Sekunden, als ein Mann, vermutlich der Vater, mit den Worten: „Hey, das ist die falsche Farbe!“, dem Kleinen den Schirm wegnahm, ihn zusammenklappte und wegräumte. Der kleine Junge stand da und war vollkommen ratlos, was gerade passiert ist und hat null verstanden, warum er mit dem Schirm nicht spielen darf.
Ich frage mich bei sowas doch tatsächlich, was sich der Vater dabei denkt – ist es denn so schlimm, wenn ein kleiner Junge mit einem pinken Schirm spielt? Was soll denn schon passieren, wenn sein Sohn mit einem pinken Hello-Kitty-Schirm spielt? Ich hab bisher noch nie von einem Fall gehört, dass einem Jungen der Penis abgefallen ist oder er schwul wurde, weil er mit 2 mit einem pinken Schirm gespielt hat.
Es ist wirklich, wirklich traurig, wie sehr manche Väter Angst um die Männlichkeit ihrer Söhne haben, so dass ich mich doch frage, wie prekär und zerbrechlich ihre Männlichkeit doch wohl ist, wenn ein pinker Schirm in den Händen ihres Sohnes sie zum Einstürzen bringen kann.
Da sind wir wieder beim alltäglichen Sexismus, den manche als überhaupt nicht schlimm empfinden, ich jedoch absolut daneben finde. Ich kann dazu nur Pinkstinks zitieren: „the problem is not that I see sexism everywhere the problem is that you don’t“. Klar, es schadet dem Jungen in dem Moment natürlich nicht, dass er nicht mit dem pinken Schirm spielen darf. Die Konsequenz ist jedoch, dass er, wenn er alle pinken ‚Mädchenartikel‘ aus der Hand genommen bekommt, sich irgendwann immer davon fernhält und sie auch als Mädchensachen klassifiziert. Das wiederum führt dazu, dass er ein ganz klares Mädchenbild bekommt: süß, lieb, nett, pink und immer schön anzusehen – das Bild, das uns die Medien und vor allem die Spielzeughersteller so gerne aufdrücken.
Aber Mädels sind viel mehr, als nur süß, nett und pink! Und je früher das bei allen ankommt, desto besser!

Sexuelle Belästigung ist kein harmloser Spaß, Arthur Longo.

Profisportler Arthur Longo beweist mal wieder, wie schnell sexuelle Belästigung mit Spaß verwechselt wird. Er fährt mit seinem Snowboard eine Piste runter und tippt drei Personen an das Gesäß. Zwei davon sind auf jeden Fall Frauen, bei einer bin ich mir nicht 100%ig sicher, aber ich glaube, dass auch die dritte Person eine Frau ist. Zu sehen ist dieses Video im Facebook auf der Seite des Pleasure Snowboard Magazins.
Ich muss sagen, dass ich wirklich irritiert, wenn nicht sogar schockiert von diesem Video bin. Es bagatellisiert sexuelle Belästigung und macht daraus einen Spaß und das finde ich einfach nur daneben.
Auch nur das „harmlose“ Anfassen eines fremden Hinterteils (und hier ist es egal, ob nun von einem Mann oder einer Frau bzw. das einer Frau oder eines Mannes) ist bereits sexuelle Belästigung und für mich ist sexuelle Belästigung nichts anderes als Gewalt (gegen Frauen).
Ich möchte es nicht mit Vergewaltigung gleichsetzen, aber die Übergriffigkeit einem anderen Menschen eine Berührung aufzudrängen, und sich an deren Körper zu bedienen geht schon sehr in diese Richtung.

Die Kommentare zu dem Video und vor allem zu der Anmerkung, dass es sich hier eben nicht um einen harmlosen Spaß, sondern um eine Übergriffigkeit handelt, setzen dem ganzen noch die Krone auf. Das Video wurde 95.196 mal aufgerufen und hat 1258 Likes. Außerdem wurde es 135 geteilt und es gibt 444 Kommentare dazu, in denen in beinahe jedem jemand verlinkt wurde (Stand: 06.01.2015, 15Uhr).
Für die meisten ist das alles scheinbar total lustig und sie verlinken ihre Freunde fröhlich zu dem Video. Viele nehmen es sich vor, es Arthur Longo gleichzutun und ebenfalls auf der Piste wahllos irgendwelche Hinterteile anzufassen. Keinem scheint klar zu sein, was sie da eigentlich tun und wie sich eine Person (eine Frau dabei) fühlen könnte.
Sicherlich gibt es auch Frauen, denen das egal ist, die „darüber stehen“ oder sich sogar dadurch bestätigt fühlen, aber ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass das die wenigsten sind.
Ich zum Beispiel, eine Frau, der es schon sehr oft passiert ist, dass sie scheinbar „zufällig“ am Hintern berührt wurde, kann sagen, dass mir das überhaupt nicht gefällt – im Gegenteil. Ja, mein Hintern ist ziemlich nett anzusehen, aber das gibt KEINEM Menschen auf der Welt das Recht, mich einfach anzufassen, verdammt!